Uwe Ernst, Sie sind Mitglied bei den „Pandas“, einem Fanclub der KAS Eupen. 2012 wurde ihr Verein von der katarischen Aspire Foundation übernommen. In was für einer Situation war der Klub damals?
Wir waren zwei Jahre zuvor aus der ersten Liga abgestiegen und hatten dann einen neuen Investoren bekommen, der aber wegen Betrugs verurteilt wurde. Der Verein war hochverschuldet. Ich kenne die genauen Zahlen nicht, aber ich denke, wenn die Kataris nicht gekommen wären, gäbe es die KAS Eupen nicht mehr. Das muss man klar so sagen.
Wie fasste die Fanszene deren Einstieg damals auf?
Unterschiedlich. Ich erinnere mich, dass die Ultras am Anfang nicht mehr ins Stadion kamen, weil sie dagegen waren. Viele Fans mittleren Alters sahen das etwas anders. Als ich mit 11 Jahren zu meinem ersten AS-Spiel ging, war das eher eine Fußball-Wiese. 2010 spielten wir ein Jahr Erste Liga, das scheiterte nicht zuletzt am Geld. Und dann kam da so ein fester Partner, durch den wir keine finanziellen Probleme mehr hatten und dachten: Jetzt können wir endlich ein Stück professioneller werden.
Was dachten Sie am Anfang, was die Kataris in Eupen wollen?
Am Anfang war für alle klar, dass die WM 2022 im Fokus stand. Dass die Spieler in Aspire-Internate gingen, fand ich nicht schlecht, denn dann bekommen auch die Jugendlichen, die es nicht zum Profi schaffen, immerhin eine schulische Ausbildung.
Katar bastelt an einer Nationalelf, die den Gastgeber nicht schon in der Vorrunde bis auf die Knochen blamiert. Kann das funktionieren?
Sie sprechen die afrikanischen Talente an, die in einem riesigen Scouting-Projekt gesichtet wurden und nach der Ausbildung in Dakar und Doha für Eupen aufliefen. Viele dachten, sie sollten mit Blick auf die WM eingebürgert werden. Klub-Vertreter stritten das immer ab. Wie sah man das unter Fans?
Das wurde kontrovers diskutiert. Das eine Lager ging davon auch aus, schließlich hatte Katar das auch im Handball so gemacht. Ich war eher in der Fraktion, die daran zweifelte. Wenn sie das wollten, hätten sie die Spieler doch längst einbürgern können. Ich dachte eher, es ist ein Geschäftsmodell, bei der die belgische Liga das Schaufenster ist. Sie ist einer der aktivsten Transfermärkte Europas.
Aber daraus wurde nichts. Die viel besprochenen Supertalente machten in der Regel keine große Karriere.
Es ging dabei um Talente, die in einem bestimmten Alter gesichtet und dann ausgebildet wurden. Sie hatten aber null Wettkampf-Erfahrung. Sie spielten den tollsten tiki-taka-Fußball, wir sahen Spielzüge, die man nur aus dem Fernsehen kannte, aber wenig Tore.
In den letzten Jahren war die KAS eher für katarische Spieler bekannt. Im WM-Aufgebot stehen derzeit fast ein Dutzend ehemalige Eupener.
Ja, man versuchte den Fokus auf katarische Talente zu legen, auch in der U21 waren einige. In der Saison vor der Pandemie hieß es mal, die katarischen Nationalspieler würden hier in die Mannschaft eingebaut, weil man ja auch in Europa die Quali als Gast mitspielen und so Reisezeiten optimieren könnte. Aber das fand nie statt. Jetzt sind die katarischen Spieler auch wieder weg.
Also sind Sinn und Zweck des ganzen Projekts auch nach zehn Jahren immer noch undeutlich?
Genau. Das liegt komplett im Dunkeln. Wenn wir alles Revue passieren lassen, scheint es nicht so, dass es seitens Katar in Eupen ein spezielles Ziel gibt. Sonst hätte man hier anders investiert.
„Ohne einen Investoren geht in Belgien gar nichts“
Bekamen Sie als Fans eigentlich mal irgendwelche Zahlen darüber, wie viele Millionen aus Katar überhaupt in den Klub gesteckt wurden? Als Journalist biss man sich immer die Zähne aus.
Nein. Wir haben auch nur Spekulationen. Wir bekamen nie Zahlen vorgelegt, da wurde immer Stillschweigen vereinbart.
Es gibt eine private Verbindung der Emir-Familie nach Ostbelgien. Was hat es damit auf sich?
Die Familie hat seit den 80er Jahren hier Kontakte. Sie haben einen großen, abgeschotteten Wohnsitz im Wald, wo sie auch jagen. Ihnen gehört auch ein Restaurant im Hohen Venn, und die Familie kommt schon seit über 30 Jahren manchmal nach Malmedy. Man sagt, sie mögen die Mentalität hier, und dass sie hier anonym sein können.
Aber abgelegene Orte, an denen sie nicht erkannt werden, gibt es doch auch sonst genug? Warum gerade Ostbelgien?
Das begann alles mit Freddy Herbrand, einem olympischen Zehnkämpfer in den 1970ern, der aus Malmedy kommt. Der trainierte später in Katar Leichtathleten. Vielleicht wollen sie dieser Gegend etwas zurückgeben. 2013 schenkte die Familie der Stadt Malmedy auch eine komplette moderne Leichtathletikbahn, inklusive Material und Umkleideräumen.
Wie ist der aktuelle Stand der Dinge mit Katar? Was erwartet die Fans, wie es weitergeht?
Die Investoren haben sich letztes Jahr klar geäußert: zwei Jahre bleiben sie auf jeden Fall noch hier. Mehr wissen wir von offizieller Seite auch nicht, da hängen wir auch in den Wolken. Was man aber sagen muss: Früher ging es in Fan-Kreisen manchmal mehr um die unsichere Lizenzvergabe als um die Spiele der AS. Sollte Aspire aussteigen, hinterlassen sie einen intakten, schuldenfreien Club. Und damit sind wir auch für jeden Investoren, der da kommt, interessant. Denn ohne einen Investoren geht in der ersten und zweiten Liga in Belgien rein gar nichts.
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